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Firmenrettung dank Planinsolvenz in Eigenverantwortung

Wirtschaftsrecht
Firmenrettung dank Planinsolvenz in Eigenverantwortung

Firmenrettung dank Planinsolvenz in Eigenverantwortung
Das ESUG bildet die Basis für Firmenrettungen in weitgehender Eigenregie, um Insolvenz und Abwicklung zu vermeiden. Foto: fotomek – Fotolia
Das Gesetz zur Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) stellt ein neues Verfahren einer Planinsolvenz in Eigenverwaltung dar. Es soll Unternehmen helfen, in Krisensituationen von selbst wieder auf die Beine zu kommen und eine Liquidation möglichst vermeiden.

Jede Firma kann in eine Krise geraten – so auch der Automobilzulieferer Oehmetic GmbH, als plötzlich eine wichtige Maschine ausfiel. Um die Kunden weiter termingerecht zu beliefern, musste bei Partnerfirmen produzieren werden. Durch die zusätzlichen Kosten wurde die Liquidität knapp; es drohte sogar die Zahlungsunfähigkeit, die zum Insolvenzantrag verpflichtet. Durch das neue Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) steht jedoch ein neues Verfahren einer Planinsolvenz in Eigenverwaltung zur Verfügung. Als Alternative einer regulären Insolvenzverwaltung nutzte Oehmetic das Verfahren, um sich neu Aufzustellen – die Firma steht heute besser da als vor der Krise.
Der erweiterte Kontext: Im März 2012 trat das Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen in Kraft. Ziel des Gesetzgebers war es, die Chancen für eine Planinsolvenz in Eigenverwaltung deutlich zu erhöhen und dadurch die Liquidation krisengeschüttelter Unternehmen möglichst zu vermeiden. Im Mittelpunkt stehen der Unternehmenserhalt und damit die Sicherung vieler Arbeitsplätze. Der Prozess ist jedoch hochkomplex und für den Unternehmer alleine kaum durchführbar; mit einer fachlichen Beratung an ihrer Seite konnte die Oehmetic GmbH die Planinsolvenz in Eigenverwaltung jedoch mit weitreichendem Erfolg überstehen.

Mit vollen Auftragsbüchern in die Krise

„Ich war froh, einen erfahrenen Partner an meiner Seite zu haben. Denn plötzlich stürzten so viele Dinge auf mich ein, dass ich es alleine nie geschafft hätte, all diesen Herausforderungen gleichzeitig gerecht zu werden“, resümiert der geschäftsführende Gesellschafter Ulrich Oehm nach überstandener Krise. In diese hatte ihn im März 2015 der Ausfall seiner zweitgrößten Presse geführt, die Teile für die Automobilindustrie produziert. Zu jenem Zeitpunkt waren seine Auftragsbücher gut gefüllt.
„Wenn Automotive-Kunden an der Lieferfähigkeit eines einzelnen zweifeln, denken sie sehr schnell über Alternativen nach, um den gesamten Produktionsablauf nicht zu gefährden“, schildert er seine Ängste angesichts des Rückschlags. Seine Lieferschwierigkeiten überbrückte Oehm mit der Vergabe von Aufträgen an Dritte, was nicht nur einen bedeutsamen organisatorischen Aufwand bedeutete, sondern auch hohe Kosten verursachte. Der Unternehmer musste sich deshalb mit den eventuellen Konsequenzen der Krise auseinandersetzen.
Er zog bald eine Planinsolvenz in Eigenverwaltung in Betracht und wollte sich über dieses Verfahren eingehend informieren. Bei seiner Recherche nach fachlicher Unterstützung bezüglich ESUG stieß er auf das Beratungsunternehmen Buchalik Brömmekamp. „In dieser Phase befürchtete ich aber noch, durch ein Insolvenzverfahren öffentlich gebrandmarkt zu werden und dadurch im Automotive-Bereich gar nicht mehr ins Geschäft zu kommen“, so Oehm. Zunächst vereinbarte er also Mitte April 2015 nur ein Beratungsgespräch. Als sich die Situation zwei Wochen darauf weiter zuspitzte, wandte sich der Unternehmer erneut an die Beratungsfirma, woraufhin gemeinsam ein umfassendes Sanierungskonzept für den äußersten Fall der Fälle ausgearbeitet wurde. Eben dieser Fall trat wenig später ein, als die Liquidität nahezu aufgebraucht war.

Kapitän unter Aufsicht

„In dieser Situation war ich sehr froh, bereits ein tragfähiges Zukunftskonzept einschließlich strategischer Neuausrichtung aus der Schublade ziehen zu können“, schildert Oehm die neue Ausgangslage. In den ersten Tagen zur Vorbereitung des Verfahrens musste der Unternehmer dann besondere Sorgfalt walten lassen: Die Vertrauensbildung und der Informationsaustausch zu den Geschäftspartnern ist enorm wichtig.
Ulrich Oehm präsentierte deshalb seinen Banken und den großen Kunden das schon im Vorfeld ausgearbeitete Zukunftskonzept. Sie erfuhren als Erste von der Neuausrichtung des Unternehmens und von dem Eigenverwaltungsverfahren. Kurz darauf folgte schließlich der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung, den das Amtsgericht Siegen mit der Anordnung einer vorläufigen Eigenverwaltung beantwortete. Von nun an ging es für Oehm als „Kapitän unter Aufsicht“ weiter, wie er selbst sagt. Der Restrukturierungsexperte Norbert Schröer von Buchalik Brömmekamp fungierte als sein Mitgeschäftsführer, die Oberaufsicht über das Verfahren übernahm ein vom Gericht bestellter vorläufiger Sachwalter.

Den Kurs neu setzen

Neben der Neuausrichtung des Unternehmens stand die Aufrechterhaltung der Lieferfähigkeit an. Dies stellte eine größere Herausforderung dar – angesichts von Zulieferern, die ihrerseits ausschließlich gegen Vorkasse nötige Materialien bereitstellten und damit zusätzlich die Liquidität belasteten. Zudem musste Oehmetic den Spagat meistern, gleichzeitig die Kreditversicherer zu beruhigen. Der Unternehmer erlebte jene Tage als äußerst stressreich: „Der Druck, jetzt keinen Fehler machen zu dürfen, wäre ohne professionelle Unterstützung nicht auszuhalten gewesen.“
Im Juli 2015 kündigte sich mit der erfolgreichen Reparatur der ausgefallenen Presse der erste Hoffnungsschimmer an – denn dies bedeutete die zurückerlangte vollständige Lieferfähigkeit. Lieferrückstände konnte das Unternehmen schließlich schon bis Ende August 2015 komplett reduzieren. Eine besonders positive Erfahrung: Oehmetic hat in jener Phase nicht einen einzigen Kunden verloren.

Weitermachen mit Schutzschirm

Die Planinsolvenz in Eigenverwaltung brachte für die Oehmetic GmbH entscheidende Vorteile mit sich. „Während des Verfahrens ist das betroffene Unternehmen vor Eingriffen der Gläubiger geschützt“, erläutert Sanierungsexperte und Geschäftsführer Dirk Eichelbaum von Buchalik Brömmekamp den Prozess. Der Automobilexperte führt weiter aus: „Für die Dauer von bis zu drei Monaten werden die Löhne und Gehälter aus den Mitteln des Insolvenzgeldes finanziert. Zahlungen, die beispielsweise an das Finanzamt oder die Krankenkassen geleistet worden sind, können zumindest für einen begrenzten Zeitraum zurückgefordert werden.“
Weitere Schutzmaßnahmen, die Eichelbaum nennt, sind deutlich vereinfachte Anpassungen der Personalstruktur sowie Kündigungsfristen von maximal drei Monaten. Darüber hinaus werden ungesicherte Altverbindlichkeiten nur mit einem Bruchteil des Ursprungsbetrages bedient. Ohne diese Sondermaßnahmen des ESUG wäre die Oehmetic GmbH vermutlich nicht mit dem erzielten Erfolg aus der Krise hervorgegangen. Mit der Hilfe und den Beratungspartnern von Buchalik Brömmekamp konnte Oehm in der Krisensituation wieder Liquidität generieren, außerdem weitere identifizierte Schwächen reduzieren. Dies bedeutete unter anderem eine Optimierung der Fertigungsabläufe und den Erwerb einer vollautomatischen Schweißanlage. Die wettbewerbsrechtliche Auszeit hat die Arbeitsplätze des Unternehmens nicht nur erhalten – inzwischen konnte der Automobilzulieferer dank guter Auftragslage sogar wieder Neueinstellungen vornehmen.

Unternehmen mit Zukunftsperspektive

„Das Instrument des Eigenverwaltungsverfahrens ist hervorragend geeignet, eine plötzliche Krisensituation zu meistern. Besonders wichtig war für mich, dass ich als Unternehmer die Geschicke in meinem Unternehmen weiter lenken konnte“, so Ulrich Oehm.
Nach der erfolgreich bewältigten Krise sind die Zukunftsaussichten der Oehmetic GmbH vielversprechend: Seit der gerichtlichen Aufhebung des Eigenverwaltungsverfahrens gilt das Unternehmen als erfolgreich saniert und entschuldet. Der Auftragseingang ist heute deutlich höher als im Vorjahr und es konnten neue Projekte akquiriert werden; weitere Zukunftspläne warten schon auf die Umsetzung. Mittelfristig strebt der Zulieferer eine höhere Wertschöpfungstiefe mit komplexeren Teilen und Baugruppen an. Zudem sollen die Produkte im High-Tech-Bereich ausgebaut werden.
Sabine Genau ist als Redakteurin für die Wordfinder Ltd. & Co. KG tätig.
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