Startseite » Management »

Weihnachtsgeld: Wann darf gekürzt werden?

Arbeitsrecht
Weihnachtsgeld: Wann darf gekürzt werden?

Weihnachtsgeld: Wann darf gekürzt werden?
Alle Jahre wieder – oder etwa doch nicht? Eine Streichung des Weihnachtsgeldes ist unter Umständen juristisch angreifbar. Foto: pattilabelle / fotolia.

In der Weihnachtszeit ist es gute Tradition, dass viele Arbeitgeber ihren Mitarbeitern ein Weihnachtsgeld zahlen. Arbeitsrechtlich betrachtet, bekommt der Arbeitnehmer damit zusätzlich zum Gehalt eine Gratifikation aus Anlass des Weihnachtsfestes – meist mit dem Novembergehalt. Was aber, wenn die zuvor jährlich wiederkehrende Zahlung einmal unterbleibt?

Einen Anspruch auf Weihnachtsgeld hat ein Arbeitnehmer nur, wenn eine rechtliche Grundlage dafür besteht – wenn also der Arbeitsvertrag, eine Betriebsvereinbarung oder ein Tarifvertrag einen Anspruch vorsieht. Ein Anspruch kann aber auch durch eine sogenannte betriebliche Übung begründet werden: Diese entsteht, wenn der Arbeitgeber drei Jahre nacheinander Weihnachtsgeld gezahlt hat. Wenn er ohne den Vorbehalt der Freiwilligkeit Weihnachtsgeld in gleicher Höhe oder nach einem gleichbleibenden Modell gezahlt hat, so kann ein Mitarbeiter auch in den folgenden Jahren Weihnachtsgeld verlangen (wenn auch oft nur unter Gegenwehr des Arbeitgebers). Denn dieser hatte es oftmals gar nicht im Sinn, einen solchen Anspruch entstehen zu lassen. Einmal entstanden, ist er auch gar nicht mehr so leicht zu beseitigen; ohne Mitwirkung des Arbeitnehmers nur noch mittels einer Änderungskündigung, die jedoch an besondere Voraussetzungen geknüpft ist.

Vorbehaltsklauseln im Vertrag

Sagt der Arbeitgeber ein Weihnachtsgeld zu, kann er dies nicht einfach mit der Begründung widerrufen, die Leistung liege in seinem Ermessen. Viele Arbeitgeber stellen die Zahlung des Weihnachtsgeldes aber ausdrücklich unter einen Freiwilligkeits- oder Widerrufsvorbehalt. Wenn dieser klar und deutlich im Arbeitsvertrag formuliert ist, kann man dagegen wenig machen. Rechtsanwalt Sebastian Müller vom Verband „Die Führungskräfte“ weiß allerdings auch zu berichten: „Häufig sind aber die Formulierungen schlecht gemacht – und von der Rechtsprechung wegen Unklarheit bereits für unwirksam erklärt worden.“ Hier lohnt sich ein genauer Blick: Die Klausel, dass ein Weihnachtsgeld eine „freiwillige, stets widerrufliche Leistung“ sei, ist vom Bundesarbeitsgericht (BAG) schon mit Urteil vom 30.07.2008 (10 AZR 606/07) für unklar und damit für unwirksam erklärt worden. Freiwillig und gleichzeitig widerruflich – das schließe sich gegenseitig aus, so das BAG.

„Der Arbeitgeber wollte es besonders wasserdicht machen und ist hier über das Ziel hinausgeschossen – mit dem Effekt, dass das Weihnachtsgeld nun doch zu zahlen ist“, so Sebastian Müller.

Besonderheiten bei unterjährigem Ausscheiden oder Einstieg

Für die Frage, ob der Arbeitgeber anteilig zahlen muss, wenn jemand vor dem „Zahltermin“ das Unternehmen verlässt, muss nach der Motivation der Zahlung gefragt werden: Dient es der Belohnung für die Betriebstreue oder zumindest auch als Dank für geleistete Arbeit?

Mit den Urteilen vom 18.01.2012 (10 AZR 612/10) und vom 13.11.2013 (10 AZR 848/12) hat das BAG Folgendes klargestellt: Gratifikationen, die zumindest auch eine Vergütung für die erbrachte Arbeitsleistung sein sollen, können in den Formulararbeitsverträgen des Arbeitgebers nicht vom ungekündigten Bestand des Arbeitsverhältnisses zu einem bestimmten Stichtag abhängig gemacht werden. Wenn die Zahlung also unter der Bedingung steht, dass das Arbeitsverhältnis z.B. am 31. Dezember „ungekündigt“ sei, dann bekommt derjenige, der im Verlauf eines Jahres in das Unternehmen eintritt, die Weihnachtsgratifikation zeitanteilig.

Letztlich ist für das Weihnachtsgeld und seine Verbindlichkeit die rechtliche Einordnung entscheidend, ob es vom Arbeitgeber als Treue-Gratifikation oder aus Dank für geleistete Arbeit ausbezahlt wird. Wenn Letzteres zumindest auch eine Rolle spielt, sind die Kürzungsmöglichkeiten für den Arbeitgeber sehr eingeschränkt: Was sich ein Mitarbeiter erarbeitet hat, kann ihm das Unternehmen nicht einseitig wieder wegnehmen.

Ralf T. Krüger betreut beim Verein „Die Führungskräfte“ den Bereich Kommunikation.

Unsere Webinar-Empfehlung
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

Webinare & Webcasts

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper

Aktuelle Whitepaper aus der Industrie


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de