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Thorben Keller von Airbus New Business Innovation sucht Startups

Airbus New Business Innovation
Dr. Thorben Keller: „Wir machen definitiv keine Tiefkühlpizza“

Dr. Thorben Keller: "Wir machen definitiv keine Tiefkühlpizza"
Dr. Thorben Keller von Airbus New Business Innovation bei einem Vortrag auf der CDO in Aachen. Bild: FIR/RWTH Aachen

Das Unternehmen Airbus ist vor allem für seine Flugzeuge und Helikopter bekannt. Noch relativ neu und bislang eher unter dem Radar geflogen ist der Unternehmensbereich „New Business Innovation“ (NBI). Dort sucht und entwickelt das Team um Leiter Dr. Thorben Keller Startups, die das Geschäftsmodell des Mutterkonzerns ausweiten sollen.

Von unserem Redakteur Thomas Wagner

Doch da stellt sich bereits die erste Frage: Wie nahe dran beziehungsweise wie weit weg vom Airbus-Kerngeschäft darf das Geschäftsmodell eines Startups liegen, um bei NBI einen Fuß in die Tür zu bekommen? „Die Grenze ist noch nicht genau definiert“, sagt Thorben Keller. Es sei aber auch die Aufgabe seiner Abteilung, herauszufinden, wann eine Geschäftsidee zu weit weg ist. „Wir machen definitiv keine Tiefkühlpizza“, sagt Keller und lacht. Dennoch gab es in der Vergangenheit auch Projekte, die man auf den ersten Blick nicht unbedingt mit Airbus in Verbindung bringen würde.

Startups haben mehrere Möglichkeiten, bei NBI zu landen

Airbus NBI vergibt nicht einfach Geld an Startups (dafür ist bei Airbus etwa die Abteilung Airbus Ventures zuständig), sondern arbeitet eng mit den Jungunternehmen zusammen. Im ersten Schritt, dem Scouting, generieren Keller und sein Team selbst Ideen oder halten Ausschau nach interessanten Projekten von Startups.  Für ein Projekt etwa arbeitet Kellers Team mit einem Tokioter Startup zusammen. „Die haben eine wunderbare Lösung entwickelt, wie man Satellitendaten in die Cloud bringt“, sagt Keller. Eigentlich Dinge, die Airbus selber machen könnte. „Aber wir wissen: die machen das vielleicht besser und schneller.“ Es gibt aber auch Startups, die Keller direkt anschreiben. „Ich schau mir das dann an und spreche gegebenenfalls mit denen“, sagt der Teamleiter.

Teilweise ruft NBI auch Startups dazu auf, sich bei ihnen zu bewerben. Diese kommen dann zumeist zu Bizlab, einem Inkubator, der unabhängig von NBI operiert und der an den Standorten Getafe, Toulouse, Hamburg und Bangalore vertreten ist. Dort erhalten die Startups für ein paar Monate Zugriff auf interne Ressourcen, Leute und Netzwerke von Airbus. „Das ist dann deren Möglichkeit, sich selber eine Netzwerk aufzubauen, um dann in Zukunft mit Airbus Geschäfte zu machen“, erklärt Keller.

Vier weitere Schritte bis zur Markteinführung

Wenn sich ein Mitarbeiter aus Kellers Team dazu entschieden hat, eine Idee voranzutreiben, beginnt die sogenannte Ideation-Phase. Hier wird der Markt analysiert und ein mögliches Geschäftsmodell entwickelt. Keller: „Dafür arbeiten wir eine Checkliste ab, auf der Dinge stehen wie: Haben wir den Markt verstanden? Haben wir das Geschäftsmodell verstanden?“

Nach Klärung dieser Fragen folgt die Inkubationsphase. „Basierend auf den Learnings bauen wir in dieser Phase einen Prototyp. So holen wir ein erstes User-Feedback ein“, sagt Keller. Ist man mit dem Ergebnis zufrieden, geht das Projekt die nächste Phase. An diesem Punkt ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Produkt daraus entstehen wird, schon sehr hoch. „Das heißt, wir investieren mehr Geld und Ressourcen und suchen einen Kunden, der bereit ist, wirklich Geld für das Angebot zu bezahlen, also der erste Kunde sein wird.“ Einen tatsächlich interessierten Kunden zu finden, sei zwar die größte Schwierigkeit im gesamten Prozess, bringe aber auch den Beweis, dass es für das Produkt einen potenziellen Markt gibt, erklärt Keller.

Ist ein Kunde gefunden, steht der letzte große Schritt an: die Kommerzialisierung. „Da kommen dann richtig Ressourcen drauf, personell wie finanziell. Das wird jetzt wirklich ein Produkt, das verkauft werden soll.“

Scanner für Ölraffinerien, Videospiele zocken über den Wolken

Ein Produkt, das nach diesen Phasen realisiert wurde, ist etwa der Refinery Scanner, der zusammen mit McKinsey entwickelt wurde. Oder Gaming on Board. Die Idee zu diesem Projekt hatte Michel Rousseau, ein Mitarbeiter im Toulouser Team. Als passionierter Gamer wollte er auch im Flugzeug zocken können. Hätte ein Startup sich bereits mit diesem Thema befasst, wäre Airbus New Business Innovation idealerweise bei seinen Recherchen darauf gestoßen. Da es aber noch nichts in dieser Richtung gab, entwickelte Michel die Idee alleine weiter und realisierte schließlich das Projekt mit Microsofts XBox-Division. Ob und wann Gaming über den Wolken auf regulären Flugreisen Realität wird, steht allerdings noch in den Sternen.

In einem anderen Projekt realisierte New Business Innovation eine Plattform für Drohnenfotografien. User, die Drohnenfotos oder 3D-Modelle (die dann aus Drohnenbildern generiert werden) haben wollen, werden dort mit Drohnenpiloten zusammengeführt. Der User gibt an, von welchem Gebiet er gerne Bilder hätte, der Fotograf erstellt diese. Ein Problem dabei ist der Genehmigungsprozess in Deutschland. Daher wird die Plattform in dieser Form womöglich nicht überall angeboten werden können. „Vermehrt ist es auch in anderen Ländern zunehmend kritisch. Ein paar Länder sind noch ein bisschen entspannter, aber Genehmigungen sind tatsächlich eine große Frage“, bedauert Keller. Derzeit überlegt sich sein Team, den kompletten Genehmigungsprozess in die Plattform zu integrieren, aus der Qual also einen Nutzen zu ziehen, wie Keller es formuliert. Es gibt aber auch andere Bereiche, in denen es weniger kritisch ist. Etwa bei Infrastruktur, Monitoring oder im Öl- und Gasbereich, wo Drohnen Pipelines abfliegen und nach Öllecks suchen.

Projekte in der Zukunft: Künstliche Intelligenz und Blockchain

In der Regel realisiert New Business Innovation datengetriebene Projekte. Derzeit sucht Keller nach Startups, die sich mit Künstlicher Intelligenz oder Datenanalyse beschäftigen. Wenn diese dann noch ins Airbus-Portfolio passen, ist es ein Match. „Startups, die mit ihren eigenen Ideen kommen, inspirieren uns. Und wir klauen keine Ideen!“ Keller ist derzeit mit mehreren Startups im Gespräch, unter anderem auch im Bereich Blockchain.

Bei Blockchain sieht Keller Anwendungsgebiete vor allem im Bereich Maintenance Repair and Operations und im Datenaustausch. Er und sein Team sind im Kontakt mit Startups, die Kryptowährungen anbieten. Doch werden sich die virtuellen Währungen überhaupt durchsetzen? „Wenn ich das wüsste – dann wäre ich ja ultrareich, oder? Ich hab schon so viel Geld verloren, weil ich zum falschen Zeitpunkt Kryptowährungen gekauft hab“, scherzt Keller. Grundsätzlich glaubt er aber, dass der Hype um Kryptowährungen stark übertrieben ist und dass sie sich als Zahlungsmittel in der jetzigen Form im Alltag nicht durchsetzen werden. Anders sieht er es beim Thema Tokenization: Wenn etwa über Crowdfunding-Plattformen Geld von mehreren Beteiligten gesammelt wird, könnte man mit Kryptowährungen einfach nachweisbar machen, von wem welcher Betrag kommt und wer am Ende zu welchem Anteil profitiert. „Ich könnte mir vorstellen, dass es in einem solchen Bereich dann tatsächlich mal Fuß fasst, aber auch hier wird es in der jetzigen Form wohl eher eine Nische bleiben.“


Kontakt zu Airbus

Airbus Group SE
PO Box 32008
2303 DA Leiden
Niederlande

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