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EY-Studie: Im Jahr 2019 haben wieder mehr ausländische Unternehmen in den Industrie-Standort Europa investiert

EY-Studie
Investitionen in Industrie-Standort Europa nehmen 2019 zu

Investitionen in Industrie-Standort Europa nehmen 2019 zu
Im vergangenen Jahr wurde in den Industriestandort Europa ordentlich investiert.
Bild: ipopba/stock.adobe.com

6.412 ausländische Unternehmen kündigten 2019 Investitionen in den Industrie-Standort Europa an. Das ist ein Prozent mehr als im Vorjahr und der zweithöchste je gemessene Wert. Dank eines Zuwachses von 17 Prozent belegt Frankreich im Ländervergleich erstmals Platz eins. Danach folgen Großbritannien und Deutschland. Trotz Brexit registriert Großbritannien fünf Prozent mehr Projekte als 2018. In Deutschland liegt die Zahl der Investitionen auf dem Vorjahresniveau.

Zu diesen Ergebnissen kommt eine Studie der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft Ernst & Young (EY) zu Investitionsprojekten ausländischer Unternehmen in Europa.

Die Stagnation in Deutschland ist vor allem auf die Zurückhaltung von US-Konzernen zurückzuführen: Die Zahl der angekündigten Projekte von US-Firmen sank um 12 Prozent. Dennoch waren sie die mit Abstand wichtigsten Investoren in Deutschland.

Chinesische Investitionen stiegen um 27 Prozent auf 84, die Projektankündigungen türkischer Unternehmen haben sich mehr als verdoppelt (77 Prozent).

Deutsche Unternehmen investieren ins europäische Ausland

Deutsche Unternehmen erwiesen sich im vergangenen Jahr erneut als investitionsfreudig: 675 Investitionen führten sie im europäischen Ausland durch.

Das entspricht zwar einem Minus von drei Prozent gegenüber dem Vorjahr. Dennoch belegen deutsche Unternehmen damit hinter US-amerikanischen und vor britischen erneut den zweiten Platz im Ranking der Nationen, die in Europa investieren.

Corona: 25 Prozent der Projekte aufgeschoben, 10 Prozent gestrichen

6.412 Projekte wurden 2019 europaweit angekündigt. Nach EY-Schätzung wurden 65 Prozent vor dem Ausbruch der Covid-19-Pandemie realisiert oder befinden sich nach wie vor in der Umsetzung.

25 Prozent wurden aufgeschoben und zehn Prozent gestrichen.

„Die Corona-Krise führt weltweit aufseiten der Unternehmen zu massiven Sparmaßnahmen. Investitionen werden auf ein Minimum reduziert“, beobachtet Hubert Barth, Vorsitzender der Geschäftsführung von EY Deutschland.

Bei vielen Unternehmen gehe es jetzt vor allem darum, Liquidität im Unternehmen zu halten, „zumal unklar ist, wie stark und nachhaltig der Konjunktureinbruch ausfällt und wie sich Absatzmärkte mittelfristig entwickeln werden“, so Barth.

Im laufenden Jahr sei mit einem Rückgang der ausländischen Investitionen um 35 bis 50 Prozent zu rechnen. Die Entwicklung könne dabei je nach Branche sehr unterschiedlich verlaufen.

„Maschinenbau und Autoindustrie etwa treten derzeit bei Investitionen massiv auf die Bremse, Pharmaunternehmen erhöhen hingegen teilweise ihre Kapazitäten. Und auch in die digitale Infrastruktur wird kräftig investiert, der digitale Wandel beschleunigt sich gerade“, sagt Barth.

Staatliche Investitionen gewinnen an Bedeutung

Während die Privatwirtschaft nicht unbedingt notwendige Ausgaben herunterfahre, gewinne der Staatan Bedeutung, ergänzt Bernhard Lorentz, Partner bei EY und Leiter des Bereichs Government & Public Sector für Deutschland, die Schweiz und Österreich.

„Vorübergehend werden wir ein stärkeres staatliches Engagement sehen – zumindest in den Ländern, deren Regierungen über die nötigen Finanzmittel verfügen“, so Lorentz.

Zunächst gehe es dabei um staatliche Konjunktur-Hilfen. Wahrscheinlich seien aber auch eine intensivierte Industriepolitik und staatliche Infrastruktur-Programme.

Auch im Gesundheitssektor werde der Staat mittelfristig eine größere Rolle spielen, erwartet Lorentz.

Neue Kriterien für Investitionsentscheidungen rücken ins Blickfeld

Barth erwartet, dass in Einzelfällen die Produktion wieder verstärkt in Europa angesiedelt wird. Dadurch könne die Abhängigkeit von Produkten und Vorprodukten aus Ländern wie China oder Indien reduziert werden.

Mit einem generellen Trend zum sogenannten „Nearshoring“ rechnet Barth dennoch nicht.

„Eine Nationalisierung der Lieferketten bringt uns nicht bedeutend weiter, das würde zu signifikant steigenden Kosten und sinkender Wettbewerbsfähigkeit führen“, ist sich der EY-Geschäftsführer sicher.

Schwerpunktseite: Coronavirus

Bei Entscheidungen über Lieferanten und Investitionen würden aber neue Prioritäten gelten, erwartet Barth: „Kosten werden auch zukünftig eine sehr wichtige Rolle spielen. Aber zunehmend geraten die Belastbarkeit und Nachhaltigkeit von Lieferketten in den Fokus.“

In der Krise sei es außerdem deutlich geworden, dass Unternehmen nicht nur von einem Land, einem Zulieferer oder einem Kunden abhängig sein sollten.

Kriterien wie Lebensqualität, Gesundheit und Wohlbefinden sowie ein Umfeld mit guter Gesundheitsversorgung am Investitionsstandort würden in Zukunft wichtig werden.

Corona-Krise stellt Erholung in Südeuropa in Frage

Die südeuropäischen Länder – insbesondere Spanien, Frankreich und Portugal – konnten in den vergangenen Jahren besonders stark zulegen.

2019 stieg in Frankreich die Zahl der Projekte um 17 Prozent, in Spanien um 55 Prozent, in Portugal haben sich die Investitionen sogar mehr als verdoppelt. Portugal verbesserte sich damit im europäischen Standort-Ranking von Rang 16 auf Rang elf.

Auch Italien verzeichnete fünf Prozent mehr Investitionsprojekte und kletterte im Ranking von Rang 14 auf Rang 12.

„Im vergangenen Jahr kam die Erholung der südeuropäischen Volkswirtschaften gut voran“, sagt Lorentz. „Anders als in Deutschland und im Norden Europas bremste kein Fachkräftemangel die Dynamik, die Perspektiven waren gut, die Investoren kehrten zurück.“

Gerade diese Länder stünden aber nun vor dem stärksten konjunkturellen Absturz, so Lorentz: „Der Süden Europas ist mit am stärksten von der Corona-Krise betroffen. Es wird daher für diese Länder besonders schwer werden, das Vorkrisen-Niveau zu erreichen und wieder zu attraktiven Investitionsstandorten zu werden.“

Stärkung Osteuropas aufgrund der Corona-Pandemie?

„Die mittel- und osteuropäischen Länder hatten im vergangenen Jahr fast durchweg Einbußen bei der Zahl der Investitionsprojekte verzeichnet: Polen um 26 Prozent, Rumänien um 28 Prozent, Tschechien um 35 Prozent, die baltischen Staaten um 23 Prozent“, sagt Lorentz.

Nun hält er es für wahrscheinlich, dass sich das Blatt wendet. „Die meisten Länder in der Region konnten bislang die gesundheitlichen Folgen der Pandemie relativ gut meistern, sie haben einen hohen Digitalisierungsgrad und ein gutes Ausbildungsniveau. Gerade deutsche Unternehmen könnten sich in den kommenden Jahren noch stärker in Richtung Osten orientieren“, vermutet Lorentz.

Deutsche Konzerne sind größte europäische Investoren in Osteuropa

In den Ländern Mittel- und Osteuropas sind deutsche Unternehmen die mit Abstand wichtigsten Investoren: Sie haben 2019 die Zahl der Projekte in den Ländern Mittel- und Osteuropas um ein Prozent auf 253 erhöht, ihr Marktanteil vor Ort stieg von 16 auf 20 Prozent.

US-Konzerne haben ihr Engagement hingegen um 21 Prozent auf 176 Projekte reduziert.

Hauptinvestitions-Ziele deutscher Unternehmen im Ausland waren im vergangenen Jahr Frankreich (143 Projekte, minus 24 Prozent), Großbritannien (75 Projekte, plus sechs Prozent) und Spanien (67 Projekte, plus 43 Prozent). (wag)


Kontakt zu Ernst & Young

Ernst & Young GmbH
Flughafenstraße 61
70629 Stuttgart
Tel.: +49 711 9881 0
E-Mail: info@de.ey.com
Website: www.ey.com/de

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