Die Corona-Krise hat der Wirtschaft schwer zugesetzt. Globale Lieferketten brechen ein, als sicher geglaubte Aufträge werden vielerorts storniert, Kunden bleiben aus und Millionen von Arbeitnehmern befinden sich in Kurzarbeit. Die Folgen der anhaltenden Krise sind noch längst nicht abzusehen und viele Unternehmer fürchten um ihre Existenz. Um Projekte erfolgreich zu bewältigen greifen immer mehr Firmen auf Sale & Leaseback zurück.
Der Autor ist Clemens Fritzen, CEO NetBid AG Auction & Finance Group
Corona: Eine Jahrhundert-Herausforderung für den Mittelstand
Viele Unternehmer sind auf der Suche nach neuen Finanzierungsmöglichkeiten, um ihren monetären Spielraum aufrecht zu erhalten. Instandhalten oder Ausbau einer Produktion, Sicherung eines Standortes oder die digitale Transformation eines Unternehmens voranzutreiben sind allesamt kapitalintensive Vorhaben. Um diese Projekte erfolgreich zu bewältigen greifen immer mehr Firmen auf Sale & Leaseback zurück.
Dabei veräußern sie einen Vermögensgegenstand, wie beispielsweise eine Produktionsmaschine, an einen Finanzdienstleister, der auf diesen Bereich spezialisiert ist. Nachdem die Maschine formal den Besitzer gewechselt hat, mietet („least“) der Unternehmer die Produktionsmaschine über einen im Vorfeld festgelegten Zeitraum zurück.
Während und nach der gesamten Transaktion verbleibt die Maschine an ihrem angestammten Ort im Betrieb und kann ohne jeglichen Produktionsausfall weiterverwendet werden. Ein enormer Vorteil, den viele Firmen zu schätzen wissen.
Finanzierung durch Sale & Leaseback: Eine Alternative für den Mittelstand
Weiterer Vorteil einer Sale & Leaseback-Transaktion ist die Tatsache, dass der Unternehmer die Möglichkeit hat, durch das Heben einer stillen Reserve, in diesem Fall die Produktionsmaschine, neue Liquidität zu generieren – ohne eine Neuverschuldung auszulösen. Durch diese Diversifizierung ihres Finanzierungsportfolios macht sich eine Firma auch von ihrer Hausbank unabhängiger, eine für viele Unternehmer wünschenswerte Entwicklung.
Auch aus betriebswirtschaftlicher Perspektive hat Sale & Leaseback diverse Vorteile: So verbleibt das der Transaktion zugrunde liegende Asset nicht in der Bilanz des Unternehmers, sondern wechselt in die Bücher des Sale & Leaseback-Partners. Besondere Sicherheiten als Voraussetzung für das Geschäft gibt es ebenfalls nicht: In den allermeisten Fällen stellt das Asset selbst die Sicherheit dar.
Damit kommt Sale & Leaseback als Finanzierungsmöglichkeit auch für Firmen in Frage, die von einer Bank unter Umständen gar keinen Kredit mehr erhalten würden. Auch auf derartige Situationen kann die Durchführung eines Sale & Leaseback-Geschäftes einen positiven Einfluss haben: Sollte beispielsweise ein Unternehmen die durch Sale & Leaseback gewonnene Liquidität dazu nutzen, Verbindlichkeiten auszugleichen, vermindert sich die Bilanzsumme – gleichzeitig steigt die Eigenkapitalquote, was sich wiederum auf positiv auf die Bonität der Firma auswirkt.
Leichterer Zugang durch Automatisierung und KI
Vor einigen Jahren war Sale & Leaseback primär für höhere Finanzierungsvolumina sinnvoll, unter anderem aufgrund hoher Nebenkosten wie beispielsweise Gutachterhonorare. Mittlerweile gibt es jedoch Fintech-Unternehmen, die den Sale & Leaseback-Vorgang weitgehend automatisiert haben, wie unter anderem die Hamburger NetBid Finance GmbH. Bei diesen Angeboten findet die Geschäftsanbahnung rein digital und auf einer Website statt.
Dort gibt das interessierte Unternehmen lediglich die Eckdaten ihrer Produktionsmaschinen an und ein Software-Algorithmus übernimmt auf Basis einer umfangreichen Datenbank von Maschinen, gestützt von künstlicher Intelligenz, die Bewertung des Assets. So kann sich ein Sale & Leaseback-Geschäft auch bereits für ein Finanzierungsvolumen im fünfstelligen Bereich lohnen. Nach der erfolgreichen Beendigung der computerbasierten Bewertung des Zeitwerts der Maschine, die nur wenige Sekunden in Anspruch nimmt, treten beide Parteien in Kontakt und finalisieren die Transaktion.
Hohe Nebenkosten entfallen durch diese Herangehensweise und Unternehmer können oft schon nach wenigen Tagen den Eingang der Transaktionssumme verzeichnen. Durch den Vorgang wurde neue Liquidität aus Eigenkapital ohne Neuverschuldung generiert und das Unternehmer hat finanziellen Spielraum gewonnen, um sich wieder seinem Kerngeschäft zu widmen. (ag)
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