Das Corona-Virus sorgt dafür, dass sich die betriebliche Weiterbildung verändert: 76 Prozent der Unternehmen in Deutschland glauben, dass nach dem Ende der Pandemie digitale und hybride Weiterbildungsangebote deutlich zunehmen werden. Präsenz-Veranstaltungen würden dagegen abnehmen. Das sind zwei Kernergebnisse der Studie „Trends in der betrieblichen Weiterbildung 2021“ von PwC Deutschland.
Für die Studie hat PwC im April und Mai 2021 100 Unternehmen aus Industrie, Handel und dem Dienstleistungssektor befragt, die mindestens 1.000 Beschäftigte sowie einen Jahresumsatz von mindestens 250 Millionen Euro aufwiesen.
Mehr digitale Formate, weniger Investitionen während der Pandemie
Digitale Formate sind in der Pandemie wichtiger geworden: Knapp zwei Drittel der Weiterbildungen fanden ausschließlich in digitaler Form statt. Nur noch 16 Prozent der Veranstaltungen fanden als Präsenzformat statt.
Vor Beginn der Corona-Pandemie sah das anders aus: Damals organisierten im Schnitt noch sieben von zehn Unternehmen ihre Weiterbildungen als reine Präsenz-Veranstaltungen. Die meisten hatten zwar erste Erfahrungen mit digitalen (85 Prozent) beziehungsweise hybriden (70 Prozent) Formaten gesammelt – allerdings nur in geringem Maße: Sie machten lediglich 17 Prozent beziehungsweise 13 Prozent am gesamten Weiterbildungsangebot aus.
49 Prozent der Unternehmen kürzten ihre Investitionen in Weiterbildungen der Mitarbeitenden. Uwe Rittmann blickt besorgt auf diese Zahlen. Der Leiter Familienunternehmen und Mittelstand und Mitglied der Geschäftsführung von PwC Deutschland kann zwar verstehen, dass Unternehmen in der Krise besonders auf ihre Liquidität achten. Aber: Unternehmen bräuchten jetzt „auf allen Ebenen Mitarbeitende mit ’state of the art‘-Fertigkeiten.“
Besonderer Nachholbedarf bestehe dabei im Bereich Digitalisierung und deren praktischer Anwendung. „Gezielte Weiterbildungsangebote von Unternehmen helfen, diesen zu decken“, so Rittmann.
Digitale Weiterbildung oft zu überhastet umgesetzt
Für die Umfrage sollten die Unternehmen die Form der Weiterbildungsmaßnahmen nach Schulnoten bewerten. Reine Präsenz-Veranstaltungen schnitten dabei am besten ab (Durchschnittsnote: 1,8). Hybride Formate erhielten die Durchschnittsnote 2,1. Doch auch digitale Formate schnitten mit einer Durchschnittsnote von 2,3 gut ab.
Nach Ansicht der befragten Unternehmen profitieren die Mitarbeiter bei der digitalen Weiterbildung von der örtlichen und zeitlichen Flexibilität. Hier sei aber auch viel Selbstdisziplin nötig, sagen 65 Prozent der Unternehmen. Ebenso müsse hier auch ein digitales Verständnis vorhanden sein (48 Prozent). 39 Prozent sagen außerdem, dass bei digitalen Weiterbildungen eine höhere individuelle Betreuung der Teilnehmer vonnöten sei.
Sebastian Holtze ist Managing Director der Berliner Digital Business University of Applied Sciences (DBU). Er sieht in hybriden Lehrangeboten, die Online-Module mit individualisierten Präsenzeinheiten kombinieren, eine passende Lösung für Unternehmen.
„Viele Unternehmen erkennen zwar die Vorteile hybrider und digitaler Weiterbildung, benötigen aber noch Unterstützung bei der Umsetzung neuer Formate“, sagt Holtze.
47 Prozent gaben an, dass sie ihre Angebote seit Pandemiebeginn nicht verändert haben. Das spreche dafür, dass viele Unternehmen ihre Präsenztrainings – womöglich überhastet – in Online-Veranstaltungen umgewandelt haben. Das könne dazu führen, dass wichtige Elemente der lernerzentrierten Onlinedidaktik nicht berücksichtigt würden. „Digitale Weiterbildung klingt einfach, ist sie aber nicht“, gibt Holtze zu bedenken.
Digitale Weiterbildung für Softwareanwendungen und Fremdsprachen
56 Prozent der Unternehmen sind der Meinung, dass digitale Weiterbildungsformate ein selbständiges und lebenslanges Lernen fördern. Und für die Hälfte sind auch Kostenersparnisse ein wichtiger Vorteil.
Nach Meinung der Befragten seien rein digitale Formate unter anderem hierfür besonders geeignet:
- Softwareanwendungen (68 Prozent)
- Themen rund um die digitale Transformation (64 Prozent) und
- Fremdsprachen (52 Prozent)
Präsenz-Veranstaltungen hingegen eigneten sich für
- Schulungen zu Maschinen, Apparaten und Geräten (58 Prozent)
- Themen der Mitarbeiterführung (49 Prozent)
- die persönliche Weiterentwicklung (42 Prozent) oder
- das Vertriebstraining (39 Prozent)
Mehrheit erwartet mehr digitale und hybride Weiterbildung
In Zukunft will knapp die Hälfte ihr Angebot an betrieblichen Weiterbildungen ausbauen oder hierfür wieder mehr zu investieren (jeweils 46 Prozent).
37 Prozent der Entscheider wollen dafür stärker auf externe Dienstleister zurückgreifen. Die Mehrheit erwartet zudem, dass rein digitale sowie hybride Weiterbildungsangebote zunehmen werden (73 beziehungsweise 76 Prozent).
Uwe Rittmann hält das für eine gute Entwicklung: „Es lohnt sich, die digitale Weiterbildung strategisch, differenziert und vor allem zügig anzugehen, denn hier bestehen immer noch deutliche Lücken.“ Er warnt allerdings gleichzeitig: „Um diese schnell und zielführend für ein Unternehmen zu schließen reicht es allerdings nicht, analoge in virtuelle Formate zu übertragen oder ‚digitale Angebote von der Stange‘ zu kaufen.“ Seiner Ansicht nach brauche es hier spezifische Angebote für unterschiedliche Fragestellungen.
Sebastian Holze ergänzt: „Wer zeitgemäßes, digitales Lernen ernsthaft betreibt, setzt auf hybride Weiterbildung und nutzt vor allem die hohe Skalierbarkeit der digitalen Trainings genauso, wie die Möglichkeit das Gelernte im Präsenzunterricht zu vertiefen. Die hohe Kunst ist es, den richtigen Mix zu finden.“ (wag)
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