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Coronakrise: Thyssenkrupp fährt Milliardenverluste ein

Coronakrise
Thyssenkrupp fährt Milliardenverluste ein

Thyssenkrupp fährt Milliardenverluste ein
Thyssenkrupp ist durch die Coronakrise stark getroffen und plant die Neuausrichtung einiger Geschäftsbereiche.
Bild: Sport Moments/ stock.adobe.com

Thyssenkrupp hat im 3. Quartal 2020 tiefrote Zahlen zu verbuchen. Die Corona-Pandemie trägt ihren Teil dazu bei. Die Geschäftsentwicklung von Thyssenkrupp war in den ersten neun Monaten des laufenden Geschäftsjahres maßgeblich von den Auswirkungen der Corona-Krise beeinträchtigt. Durch zeitweise Werksschließungen bei Kunden war die Produktion in vielen Geschäftsbereichen zu Beginn des 3. Quartals nahezu zum Erliegen gekommen, wie Thyssenkrupp mitteilt

Thyssenkrupp steckt in einer schweren Krise. Die von der Automobilindustrie abhängigen Werkstoff- und Komponentengeschäfte wurden durch die Coronakrise besonders in Mitleidenschaft gezogen. Hinzu kamen strukturelle Herausforderungen im Stahlbereich in einem insgesamt ohnehin schwierigen Marktumfeld.

Vor diesem Hintergrund ging der Auftragseingang in den ersten 9 Monaten des laufenden Geschäftsjahres im Vergleich zum Vorjahr um 19 Prozent auf 19,8 Milliarden Euro zurück. Der Umsatz fiel um 15 Prozent auf 21,6 Milliarden Euro. Trotz der zügig eingeleiteten Gegenmaßnahmen im Zuge der Corona-Pandemie lag das Bereinigte EBIT nach 9 Monaten mit -1.122  Millionen Euro deutlich unter Vorjahr (42 Millionen Euro).

Allein auf das von der Pandemie besonders betroffene 3. Quartal entfällt ein Bereinigtes EBIT von -679 Millionen Euro. Zuletzt hatte Thyssenkrupp für den Zeitraum von April bis Juni einen Verlust im hohen dreistelligen Millionen-Euro-Bereich prognostiziert und dabei einen Wert von bis zu gut 1 Milliarden Euro nicht ausgeschlossen.

„Wir haben hart gearbeitet, um die Kosten kontrolliert zu halten und die Liquidität zu sichern. Damit sind wir im dritten Quartal insgesamt etwas besser durch die Krise gekommen, als anfangs befürchtet“, sagte Martina Merz, Vorstandsvorsitzende der Thyssenkrupp AG.

„Inzwischen sehen wir zwar Anzeichen für eine Stabilisierung. Aber die anstehenden Restrukturierungen und das Aufräumen unserer Bilanz werden das Ergebnis im laufenden Quartal weiter belasten. Mit den Erlösen aus dem Aufzuggeschäft können wir diese überfälligen Maßnahmen endlich konsequent angehen.“

Größtmögliche Flexibilität bei der Mittelverwendung

Angesichts der Corona-bedingt unsicheren gesamtwirtschaftlichen Lage wird sich das Unternehmen bei der konkreten Mittelverwendung aus der Elevator-Transaktion unverändert größtmögliche Flexibilität bewahren.

So soll ein Teil der Erlöse selektiv dort für die Entwicklung und Restrukturierung von Geschäften eingesetzt werden, wo in kurzer Zeit attraktive Zielrenditen erreicht werden können. Zudem wird Thyssenkrupp Finanzverbindlichkeiten entlang ihres Fälligkeitenprofils zurückzahlen.

Darüber hinaus sollen die im Jahresverlauf ausgeprägten Schwankungen des Umlaufvermögens, insbesondere durch den reduzierten Einsatz von Jahresendmaßnahmen und Forderungsverkäufen normalisiert werden.

Klaus Keysberg, Finanzvorstand der Thyssenkrupp AG: „Durch die Normalisierung des Umlaufvermögens werden die Quartale besser vergleichbar. Wir schaffen damit mehr Transparenz und vergrößern die Berechenbarkeit unserer Prognose. Das wird den Cashflow im laufenden Geschäftsjahr insgesamt mit rund 2,5 Milliarden Euro belasten. Damit wird der Vergleich zum Vorjahr dann wenig Aussagekraft haben.“

Es fehlen fast 2 Milliarden Euro

Unter dem Strich weist Thyssenkrupp (inkl. nicht fortgeführter Aktivitäten) in den ersten 9 Monaten des Geschäftsjahres 2019/2020 einen Periodenfehlbetrag von -1.978 Millionen Euro (Vorjahr -170 Millionen Euro) aus. Ursächlich dafür ist vor allem die schwache operative Entwicklung durch die Corona-Pandemie.

Hinzu kommen Restrukturierungsaufwendungen im Zuge der Umsetzung des Veränderungsprozesses sowie Aufwendungen im Zusammenhang mit der Elevator-Transaktion. Nach Abzug der Minderheitenanteile lag der Periodenfehlbetrag bei -1.998 Millionen Euro (Vorjahr -207 Millionen  Euro); Das Ergebnis je Aktie betrug -3,21 Euro (Vorjahr – 0,33 Euro).

Auch der Free Cashflow vor M&A entwickelte sich mit -3,5 Milliarden Euro weiterhin deutlich negativ und lag um 0,9 Milliarden Euro unter Vorjahr. Gründe hierfür waren im Wesentlichen die pandemiebedingt schwache operative Entwicklung sowie die Zahlung des Bußgeldes im Kartellverfahren bei Grobblech in Höhe der gebildeten Rückstellungen von 370 Millionen Euro.

Durch den negativen Free Cashflow vor M&A sowie durch die im 1. Quartal verbuchten Effekte aus der Neu-Bilanzierung von Leasingverpflichtungen nach IFRS 16 in Höhe von 1 Milliarden Euro stiegen die Netto-Finanzschulden zum Stichtag 30. Juni 2020 auf 8,5 Milliarden Euro (Stand 30. September 2019: 3,7 Milliarden Euro).

Per Ende Juni 2020 verfügte Thyssenkrupp über eine freie Liquidität von 3,9 Milliarden Euro. Das Eigenkapital verringerte sich zum Stichtag im Wesentlichen durch den Periodenfehlbetrag gegenüber dem 30. September 2019 um
2,2 Milliarden Euro.

Der am 31. Juli 2020 vollzogene Verkauf des Aufzuggeschäfts führt unmittelbar zu einem signifikanten Rückgang der Netto-Finanzschulden hin zu einem Netto-Finanzguthaben und einer deutlichen Erhöhung des Eigenkapitals. Die Bilanzkennzahlen der Gruppe verbessern sich dadurch erheblich.

 Im Zuge der Corona Pandemie hatte Thyssenkrupp Anfang Mai eine Kreditlinie über 1 Milliarden Euro aus dem KfW-Sonderprogramm zur Sicherung der Liquidität bis zum Vollzug der Elevator-Transaktion abgeschlossen. Die Kreditlinie musste nicht in Anspruch genommen werden und endete mit Vollzug der Elevator-Transaktion.

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 Entwicklung der Geschäfte in den ersten 9 Monaten 2019/2020

Bei Automotive Technology sind die Folgen der Corona-Pandemie besonders deutlich. Nachdem die Nachfrage im weltgrößten Automobilmarkt China bereits im Februar eingebrochen war, folgten ab März insbesondere in Europa, den USA und in Mexiko weitere Werksschließungen großer Kunden in Folge der Lockdown-Maßnahmen.

In China zeigte sich nach Lockerungen der Beschränkungen eine leichte Erholung ab Ende April. Auftragseingang und Umsatz gingen in den ersten 9 Monaten um 14 bzw. 12 Prozent gegenüber dem Vorjahr zurück. Diese Entwicklung macht sich auch im operativen Ergebnis bemerkbar. Das Bereinigte EBIT lag mit -157 Millionen Euro deutlich unter dem Vorjahr (17 Millionen Euro).

Bei Industrial Components zeigten sich die Großwälzlager insbesondere aufgrund der guten Auftragslage in Deutschland und China im Bereich Windenergie weiterhin stark. Beim Schmiedegeschäft belasteten – in einem ohnehin schwachen Markt für Lkw- und Baumaschinen-Komponenten – das Herunterfahren aller wesentlichen Werke in Folge der Corona-Pandemie das Geschäft. Insgesamt verringerten sich Auftragseingang und Umsatz um 21 bzw. 17 Prozent. Das Bereinigte EBIT lag mit 122 Millionen Euro unter Vorjahresniveau (168 Millionen Euro).

Plant Technology konnte seinen Umsatz in den ersten 9 Monaten um 6 Prozent steigern. Dazu trug insbesondere der Chemieanlagenbau bei. Gegenüber dem durch Großaufträge im Mining- und Düngemittelgeschäft geprägten Vorjahr ging der Auftragseingang insbesondere durch pandemiebedingte Verschiebungen von Projekten um 38 Prozent zurück.

Trotz der Umsatzsteigerungen im Chemieanlagenbau, dem stabilen Servicegeschäft und positiver Effekte aus dem Kosteneinsparungsprogramm verschlechterte sich das Bereinigte EBIT auf -135 Millionen Euro (Vorjahr: -114 Millionen Euro). Belastend wirkten dabei unter anderem geringere Umsätze durch pandemiebedingt langsamere Projektfortschritte bei Zement und Verschiebungen im Auftragseingang.

Der Auftragseingang bei Marine Systems ging um 7 Prozent zurück. Auch der Umsatz fiel um 9 Prozent auf 1,2 Milliarden Euro. Negativ wirkte sich hier ein temporär verlangsamter Fortschritt bei Projekten im Unterwasserbereich aus. Getrieben durch Maßnahmen zur Performance-Steigerung schloss das Bereinigte Ergebnis aber mit 6 Millionen Euro positiv ab (Vorjahr: 0 Millionen Euro).

Materials Services bekam die pandemiebedingt schwache Nachfrageentwicklung und Preisrückgänge in nahezu allen Produktsegmenten insbesondere im 3. Quartal weiter zu spüren. Ausnahme war der Bereich Plastics, der vor allem durch den Vertrieb von transparenten Kunststoffplatten als Schutzmaßnahme gegen Corona-Viren profitierte.

Negative Effekte kamen aus der pandemiebedingten temporären Schließung des italienischen Edelstahlwerkes AST ab der zweiten Märzhälfte. Auftragseingang und Umsatz entwickelten sich rückläufig, jeweils um 18 Prozent.

Vor allem die Entwicklung im lagerhaltenden Handel sowie in den automobilnahen Servicecentern und bei Aerospace belasteten das Geschäft und führten zu negativen Ergebniseffekten. Entsprechend lag das Bereinigte EBIT mit -62 Millionen Euro unter Vorjahr (119 Millionen Euro).

Die Geschäftsentwicklung bei Steel Europe war weiterhin durch die äußerst herausfordernde Lage im Stahlmarkt gekennzeichnet. Die bereits im März spürbar gesunkene Nachfrage aus der Automobilindustrie brach im Verlauf des 3. Quartals zunehmend auch durch rückläufige Bestellmengen seitens anderer Industriekunden weiter ein.

Stabil entwickelte sich der Verpackungsstahl. In der Summe lagen Auftragseingang und Umsatz nach 9 Monaten um 24 bzw. 20 Prozent unter Vorjahr. Das Bereinigte EBIT rutschte durch die rückläufigen Versandmengen und den anhaltenden Kostendruck weiter in die Verlustzone und betrug -706 Millionen Euro nach 77 Millionen Euro im Vorjahreszeitraum.

Die im März gestartete Umsetzung der Stahlstrategie 20-30 zur nachhaltigen Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit wird nun umso konsequenter vorangetrieben.

Das als nicht fortgeführte Aktivität ausgewiesene Aufzuggeschäft verzeichnete in den ersten 9 Monaten einen Auftragseingang und Umsatz auf Vorjahresniveau. Während sich das Neuanlagen- und Servicegeschäft in den USA positiv entwickelte, verzeichnete Elevator Technology in Asien und Europa aufgrund der Corona-Pandemie Rückgänge.

Das Bereinigte EBIT fiel mit 613 Millionen Euro insbesondere auf Grund der negativen Ergebniseffekte in Europa leicht unter den Vorjahreswert (642 Millionen Euro). (ag)


Kontakt zu Thyssenkrupp

Thyssenkrupp AG
Thyssenkrupp Allee 1
45143 Essen
Tel.: +49 201 8440
Website: www.thyssenkrupp.de

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