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Green Coding: CO2-Emissionen durch effiziente Software reduzieren

Gastbeitrag von Dr. Frank Gredel
CO2-Emissionen durch effiziente Software nachhaltig reduzieren

CO2-Emissionen durch effiziente Software nachhaltig reduzieren
Green Coding kann einen wertvollen Beitrag leisten, um Klimaziele und Nachhaltigkeit zu erreichen. Bild: supansa / stock.adobe.com (KI-generiert)

Green Coding umfasst eine Vielzahl von Maßnahmen, die dazu beitragen, Software emissionsärmer und nachhaltiger zu gestalten. Welche Ansätze Unternehmen verfolgen können, um mit dem richtigen Coding die Programmierung ihrer Software tatsächlich „grün“ zu gestalten und welche Dimensionen das Thema umfasst, erläutert Dr. Frank Gredel, Head of Business Development bei der PTA IT-Beratung GmbH.

Die Menschheit steht vor der Herausforderung, die CO₂-Emissionen drastisch zu reduzieren, um unseren Planeten zu erhalten. Dekarbonisierung ist das zentrale Schlagwort. Ein neuer Ansatz in der IT für mehr Nachhaltigkeit ist Green Coding. Nach grüner Energie aus regenerativen Quellen und Green IT, die sich vor allem auf energieeffiziente Hardware konzentriert, zielt Green Coding darauf ab, Software nachhaltig zu entwickeln und zu betreiben. Jede Programmzeile ist dabei entscheidend, denn bei stark genutzter Software kann jede Zeile Code enorme Skalierungseffekte haben.

Die Dimensionen des Problems

Experten schätzen, dass eine einzelne Google-Suche etwa 0,2 g CO₂ freisetzt. Um die Emissionen aller Suchanfragen eines Jahres durch das Pflanzen von Bäumen zu kompensieren, wären etwa 41 Mio. Bäume nötig – basierend darauf, dass ein Baum jährlich etwa 10 kg CO₂ absorbiert und es täglich etwa 5,6 Mrd. Suchanfragen gibt. Doch selbst das verblasst im Vergleich zu den 2,2 Mrd. Bäumen, die benötigt würden, um die 22 Mio. t CO₂ zu neutralisieren, die das Bitcoin-Mining jährlich produziert. Zum Vergleich: Im Schwarzwald wachsen auf über 6000 km² lediglich vier Mio. Bäume.

Dringlichkeit des Handelns

Angesichts der Klimakrise, der Energiewende und der zunehmenden Ressourcenknappheit stehen wir vor großen Herausforderungen. Anfang 2023 trat zudem die EU-Taxonomie-Verordnung in Kraft, die Kriterien festlegt, ob eine wirtschaftliche Tätigkeit ökologisch nachhaltig ist. Ergänzt wurde diese durch die CSR-Richtlinie (Corporate Sustainability Reporting Directive), die ab dem 1. Januar 2025 rechtsverbindlich wird. Trotz dieser Entwicklungen scheint Green Coding bislang nicht die notwendige Aufmerksamkeit zu erhalten. Ein Grund dafür ist die Komplexität der Messung und Quantifizierung von Software-Emissionen. Software-Anbieter kalkulieren oft nur die Emissionen aus Scope 1- und Scope 2-Faktoren ein. Scope 3-Emissionen, die in der Lieferkette entstehen, werden häufig vernachlässigt, obwohl sie in großem Umfang auch bei Software auftreten, wie eine interne Untersuchung von Microsoft zeigt. 75 Prozent der Emissionen des Unternehmens entfallen auf Scope 3, also auf die Herstellung, den Vertrieb und die Nutzung von Windows, Office und Cloud-Produkten auf Millionen von Geräten weltweit.

Der Einfluss der IT steigt mit zunehmendem Digitalisierungsgrad

Der IT-Sektor ist derzeit für vier Prozent der globalen Treibhausgasemissionen verantwortlich, mit steigender Tendenz. Bis 2040 könnten digitale Emissionen rund 14 Prozent des weltweiten CO₂-Ausstoßes ausmachen. Mit der zunehmenden Digitalisierung wächst auch die IT-Infrastruktur, und der Betrieb immer größerer Serverfarmen erfordert immer mehr Energie. Doch die Software darf nicht außer Acht gelassen werden. Green IT, also der effiziente Betrieb von Hardware und Rechenzentren, greift hier zu kurz, da 55 Prozent der verursachten Emissionen durch die implementierte Software entstehen. Green Coding leistet daher einen wichtigen Beitrag zur Erreichung von Klimazielen und zur Förderung der Nachhaltigkeit.

Wo Unternehmen jetzt ansetzen sollten

Um das Potenzial von Green Coding voll auszuschöpfen, sollten Unternehmen drei Bereiche der Anwendungsentwicklung in den Fokus nehmen:

  1. Der erste Bereich betrifft die zum Einsatz kommende Plattform. Hier geht es insbesondere darum, Überdimensionierungen zu vermeiden, falsche Konfigurationen zu eliminieren und versteckte Infrastruktur nicht außer Acht zu lassen.
  2. Der zweite Bereich umfasst die Logik. Das bedeutet, dass beispielsweise ein nutzenorientierter visueller Inhalt schneller das zur Verfügung stellt, was gewünscht ist. Das steigert die Zufriedenheit der Kunden und spart zudem Zeit und Energie. Dazu zählt aber auch, bewusst einfachere Dateiformate, effiziente APIs und optimierte Bildpakete einzusetzen und „toten“ Code konsequent aus der Anwendung zu entfernen und damit einen Zero-Waste-Code zu etablieren.
  3. Der dritte Bereich betriff die Methodik, die regeln sollte, dass die Ergebnisse, die sich Rahmen von Green Coding-Projekten ergeben, auch organisationsübergreifend wiederverwertbar sind. Agile und schlanke Methoden bewähren sich hier, denn sie erleichtern die Anpassung von Software und erhöhen deren Effizienz.

Im Plattformbereich lohnt es sich beispielsweise darauf zu achten, welche Programmiersprache eingesetzt wird. Hier gibt es im Hinblick auf Energieeffizienz und Geschwindigkeit signifikante Unterschiede. Lösungen, welche C, eine sehr systemnahe Sprache, in der beispielsweise das Linux-Betriebssystem geschrieben ist, verwenden, weisen mit die niedrigsten Energieverbrauchswerte auf und sind dazu noch sehr schnell. Auch die Energieoptimierung der verwendeten Datenbanken spielt hier eine Rolle. So führt eine Erhöhung des Arbeitsspeichers, je nach Abfrage-Typ, zu einer Stromersparnis von bis zu 53 Prozent. Und auch die größere Blockgröße durch den Einsatz von SSDs, idealerweise kombiniert mit FlashDB, birgt großes Einsparpotenzial.

Auch Green Logik liefert Optimierungspotenzial

Der Bereich der Anwendungslogik birgt ebenfalls erhebliches Optimierungspotenzial. Beim Rendering etwa können Entwickler durch gezielte Visualisierung und Umwandlung von Datensätzen Energie sparen. Ein effizient entwickelter Programmcode, der die CPU-Auslastung auf ein Minimum reduziert, trägt ebenfalls zur Energieeinsparung bei. Ein bemerkenswertes Beispiel ist die Trainingsoptimierung bei KI-Szenarien: Forscher von Google und der Universität Berkeley haben gezeigt, dass durch den Einsatz von GPT-3, einem autoregressiven Sprachmodell, 99,9 Prozent der CO₂-Emissionen im Vergleich zu einem Standard-Training eingespart werden können – ein beeindruckender Wert.

Die Bedeutung eines durchdachten Vorgehensmodells

Agile Softwareentwicklung spielt eine Schlüsselrolle im Green Coding, indem sie den Nutzen von IT-Systemen maximiert. Die Wahl der richtigen Methodik ist daher der dritte wesentliche Bereich, auf den sich Unternehmen konzentrieren sollten. Um Nachhaltigkeit zu gewährleisten, müssen Prozesse, Teams und Werte sorgfältig aufeinander abgestimmt werden. Das agile Manifest, das bessere Wege in der Anwendungsentwicklung aufzeigt, ist dabei ein wertvoller Leitfaden. Konkret bedeutet dies, dass Unternehmen und Entwickler bereits im Product Backlog Anforderungen priorisieren, die den Energieverbrauch, die Nachhaltigkeit und das UX-Design der Software optimieren. Durch eine solche agile Vorgehensweise wird sichergestellt, dass die erzielten Ergebnisse einem umfassenden Nachhaltigkeits-Check unterzogen und gegebenenfalls angepasst werden. Die Retrospektive nach jedem Sprint ermöglicht zudem, nicht nur die Arbeitsergebnisse zu bewerten, sondern auch die Umsetzung von Green Coding weiter zu verbessern. Abschließend gewährleisten Abnahmetests, dass die gesetzlich bindenden Anforderungen der CSR-Richtlinie erfüllt werden.

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