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Antirisse in hochporösen Materialien

Antirisse in hochporösen Materialien
Neue Methoden zur Analyse der Rissausbreitung unter Druck- und Scherbelastung

Neue Methoden zur Analyse der Rissausbreitung unter Druck- und Scherbelastung
Die experimentellen Untersuchungen wurden als Feldexperimente auf einem Bunkerdach in der Nähe von Davos durchgeführt. Bild: Valentin Adam

Forschende der Universität Rostock, der TU Darmstadt und des WSL Instituts in Davos haben eine neue Methode entwickelt, um den Einfluss von Druck- und Scherbelastungen auf Antirisse in hochporösen Materialien zu untersuchen. Als Antiriss wird lokales Druckversagen bezeichnet, das sich wie ein Riss ausbreiten kann. Antirisse sind ein wichtiger Faktor bei der Entstehung von Schneebrettlawinen. Das Forschungsteam präsentiert nun eine neuartige Methodik, die es ermöglicht, die Antiriss-Bruchzähigkeit hochporöser Schichten unter gemischten Druck- und Scherbelastungen zu bestimmen.

In experimentellen Untersuchungen an Schwachschichten in Schneedecken konten sie zeigen, dass der Widerstand gegen das Wachstum von Antirissen bei Scherbelastung höher ist als bei reiner Kompression. Diese Erkenntnis ist wichtig für die Vorhersage von Lawinen und könnte auch auf andere hochporöse Materialien, wie Schäume oder Sedimentgestein, anwendbar sein.

„Antirisse besser zu verstehen und beschreiben zu können, hilft uns bei der Entwicklung neuer Modelle für die Vorhersage von Schneebrettlawinen, aber auch bei der Analyse von technischen Werkstoffen, wie etwa hochporösen Schäumen“, erklärt Professor Philipp Weißgraeber Lehrstuhlinhaber des Lehrstuhls für Leichtbau an der Fakultät für Maschinenbau und Schiffstechnik der Universität Rostock und einer der Autoren der Studie. In dieser Studie im Rahmen eines internationalen Projekts, gefördert durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) und den Schweizerischen Nationalfond (SNF), hat sich das Forschungsteam Schneeeigenschaften und die Versagensvorgänge beim Entstehen einer Lawine näher untersucht.

Die Studie zielt darauf ab, wichtige Wissenslücken über Antirisse in Schneedecken zu schließen. Dazu hat das interdisziplinäre Forschungsteam eine neue Methode entwickelt, die aus zwei Hauptbestandteilen besteht: einer experimentellen Technik zur Erzeugung von Antirissen in instabilem Schnee und einem mechanischen Modell zur Analyse der Energiebilanz während des Antirisswachstums. Sie haben einen Versuchsaufbau entwickelt, um zu untersuchen, wie schwache Schneeschichten unter Druck- und Scherungsbelastungen versagen. Durch das Neigen von Schneeblöcken mit Zusatzlasten wurde durch Ansägen ein Anriss erzeugt, der zum fortgesetzten Kollaps der Schwachschicht und also zur Ausbreitung des Antirisses führte.

Für die Auswertung der Experimente haben die Forscher mechanische Modelle erstellt, die eine präzise und effiziente Analyse der Energieverhältnisse im Versuch ermöglichen. „Damit können wir den Widerstand gegen Ausbreitung des Antirisses, die sogenannte Antiriss-Bruchzähigkeit, der Schwachschicht genau bestimmen. Basierend auf den umfangreichen experimentellen Untersuchungen konnten wir erstmals ein Potenzgesetz für die Schwelle der Antirissausbreitung in einem porösen Material unter gemischter Belastung bestimmen“, so Professor Weißgraeber. „Ausgangspunkt für die Studie waren Vorarbeiten, in denen wir mit ingenieurwissenschaftlichen Methoden effiziente Strukturmodelle entwickelt haben. Diese Modelle weisen Parallelen zu jenen auf, die wir bereits für die Analyse und das Versagen von Klebverbindungen entwickelt haben. Sie waren die Voraussetzung für präzise Analysen und haben die passgenaue Weiterentwicklung der Experimente erst ermöglicht.“

In der Studie konnten die Forscher herausfinden, wie stark Schwachschichten in einer Schneedecke unter kombinierten Druck- und Scherbelastungen sind. Bisher war es nicht möglich, die Auswirkungen von Scherbelastung auf das Wachstum von Antirissen im Schnee genau zu messen. Die neuen Ergebnisse zeigen, dass der Widerstand gegen das Wachsen von Rissen bei Scherbelastung signifikant höher ist als bei reinem Druck. Dies war für die Forscher überraschend, da Lawinen oft in steilen Hängen auftreten, wo Scherbelastung vorherrscht. Ein solches Verhalten ist bei Rissen in anderen Materialien bereits für den Fall von kombinierten Zug- und Scherbelastungen bekannt. Neu ist nun die Erkenntnis, dass sich dieses Verhalten auch bei Antirissen unter kombinierter Druck- und Scherbelastung zeigt. Dies stellt einen entscheidenden Fortschritt dar, da Antirisse nicht nur im Schnee, sondern auch in anderen porösen Materialien wie Sedimentgestein oder technisch genutzten Schäumen auftreten können. (Nature Communications, 2024; doi: s41467-024-51491-7)

Quelle: Universität Rostock

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