In der vernetzten und technologisierten Wirtschaftswelt können kleinste Unwägbarkeiten Unternehmen in Bedrängnis bringen. Risiken und Kosten sind immens. Auch und besonders wird dies in der aktuellen Corona-Pandemie klar. Das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) und die Universität des Saarlandes wollen mit Partnern die Zukunft berechenbarer machen.
Die Kooperationspartner wollen dafür sorgen, dass Unternehmen einen passenden Plan B in der Tasche haben. Das Leuchtturmprojekt wird vom Bundeswirtschaftsministerium und den beteiligten Unternehmen mit insgesamt mehr als zehn Millionen Euro gefördert.
Viele Branchen setzen auf „Just in Time“-Produktion
Viele Branchen haben kein großes Lager mehr, sondern setzen heutzutage auf „Just in time“-Produktion: Sie bestellen ihre benötigten Bauteile und Rohstoffe also kurzfristig bei Bedarf.
Allerdings macht dies ihr Geschäft enorm risikoanfällig. Fällt nur ein Glied der Lieferkette aus, gerät die Produktion ins Stocken.
„Solch ein Stillstand der Montagelinien kann sich zu einem massiven Produktionseinbruch auswachsen“, sagt Wolfgang Maaß, Professor für Wirtschaftsinformatik an der Universität des Saarlandes und Leiter des Forschungsbereichs Smart Service Engineering am DFKI.
„Bis der Normalzustand wiederhergestellt ist, können Monate ins Land gehen. Produktionsunterbrechungen und der Ausfall von Lieferketten sind seit vielen Jahren das Geschäftsrisiko Nummer eins“, so Maaß.
Konsortium soll Zukunft berechenbarer machen
Zusammen mit Partnern aus Wissenschaft und Wirtschaft will Maaß die Zukunft für Unternehmen berechenbarer machen: Im Projekt „Spaicer“ (kurz für „Skalierbare adaptive Produktionssysteme durch KI-basierte Resilienzoptimierung“) entwickeln sie ein neues Datensystem, das mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz Unternehmen in die Lage versetzt, potenzielle Störungen in der Produktion frühzeitig zu erkennen und bestmöglich darauf zu reagieren.
Die Plattform soll konkrete Vorschläge liefern, wie Unternehmer im Einzelfall gegensteuern können. Damit will das DFKI die Resilienz der Unternehmen stärken. Unter Resilienz versteht man die Fähigkeit, sich permanent an Veränderungen und Störungen anzupassen und schwierige Situationen stabil zu überstehen.
„Gerade auch durch Industrie 4.0 wird die Produktion zunehmend komplex. Das Resilienz-Management wird damit zu einem unabdingbaren Erfolgsfaktor für Produktionsunternehmen“, erklärt Wolfgang Maaß.
Die Saarländische Landesregierung setzt große Hoffnung in die Arbeit von Spaicer, stellt Ministerpräsident Tobias Hans klar: „Das ist ein wichtiges Thema, vor allem, wenn man weiß, welch hohes Risikopotenzial für Unternehmen in der Unterbrechung oder Verzögerung von Lieferketten liegt“.
Das Spaicer-System soll nicht nur die voraussichtlichen Auswirkungen drohender Pandemien auf die Produktion transparent machen, sondern auch bei politischen Konflikten Empfehlungen für eine optimierte Produktionsplanung geben.
Spaicer-System wird kontinuierlich mit Daten gefüttert
Um sinnvolle Empfehlungen geben zu können, fließen kontinuierlich Daten – etwa Trendanalysen für Rohstoffpreise und Analysen politischer Beiträge – in das System ein. So können Störungen – zum Beispiel der Ausfall von Zulieferern – vorhergesagt werden.
Außerdem füttern die Forscher ihre Plattform unter anderem mit prognostizierten Pegelständen, Temperaturentwicklungen, Urlaubszeiten oder Trends der Logistikbranche. Aus all diesen Daten und Informationen berechnen Algorithmen Lösungsvorschläge.
„Mögliche Handlungsoptionen […] wären etwa, das Lieferanten-Netzwerk zu erweitern, das Auftragsvolumen zu optimieren, die Produktion auf mehr Standorte zu verteilen oder etwa Lagerbestände anzupassen“, erklärt Maaß. Je nach Lage könnten Lieferketten rechtzeitig stabilisiert werden.
Auch gegen betriebsinterne Bedrohungen soll das System Unternehmen durch vorausschauende Instandhaltung wappnen. „Bei einem Mittelständler kann ein ungeplanter Austausch eines Bauteils wegen Verschleiß Kosten von bis zu 500.000 Euro pro Stunde nach sich ziehen“, sagt Maaß. Das System soll in diesem Fall unter anderem Störungen klassifizieren und passende Maßnahmen empfehlen.
Spaicer-Projekt startete im April
Das Spaicer-Konsortium konnte sich als Leuchtturmprojekt im Rahmen des KI-Innovationswettbewerbs „Künstliche Intelligenz als Treiber für volkswirtschaftlich relevante Ökosysteme“ durchsetzen.
Das Projekt ist im April offiziell gestartet. Zu den Projektpartnern gehören:
- Das DFKI als Konsortialführer
- Die Universität des Saarlandes
- Das Werkzeugmaschinenlabor (WZL) der RWTH Aachen
- Die Universität Freiburg
- Die Technische Universität Darmstadt
- Das Institut für Technologie- und Innovationsmanagement der RWTH Aachen
- Die Otto Beisheim School of Management (WHU)
- deZem
- Feintool
- SAP
- Schott
- Schaeffler
- Seitec
- Senseering
- Waelzholz
Mehr als 40 assoziierte Partner unterstützen das Projektkonsortium mit wichtigem Praxiswissen.
Weitere Informationen zum Projekt finden Sie auf der Website zu Spaicer.
Deutsches Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz GmbH (DFKI)
Trippstadter Str. 122
67663 Kaiserslautern
Tel.: +49 631 2057 50
E-Mail: info@dfki.de
Website: www.dfki.de