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Arbeitsrecht: Vorsicht bei zu weit gefasstem Wettbewerbsverbot

Arbeitsrecht
Vorsicht bei zu weit gefassten Wettbewerbsverboten

Vorsicht bei zu weit gefassten Wettbewerbsverboten
Bei strittigen Wettbewerbsverbotsklauseln müssen Gerichte zwischen den Interessen von Firma und Mitarbeiter abwägen. Foto: sebra – Fotolia
Ein neues Urteil des Oberlandesgerichts Hamm zeigt, wie wichtig eine genaue Formulierung bei nachvertraglichen Wettbewerbsverboten in Geschäftsführeranstellungsverträgen ist, wenn die Gesellschaft nicht die Unwirksamkeit des Wettbewerbsverbotes riskieren möchte.

Für den Geschäftsführer einer GmbH wird in dessen Anstellungsvertrag regelmäßig ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes sind nachvertragliche Wettbewerbsverbote aber nur gerechtfertigt, soweit und solange sie erforderlich sind, um das Unternehmen vor einer illoyalen Verwertung der Erfolge der gemeinsamen Arbeit zu schützen.

Abwägungssache

Häufig ist es gerade der Geschäftsführer, der als Leiter oder gar Gründer eines Unternehmens während seiner Zeit eine besondere fachliche Expertise aufgebaut hat – was beim Wechsel zur Konkurrenz zum Problem für sein Ex-Unternehmen werden könnte. Mit Rücksicht auf die grundgesetzlich geschützte Freiheit der Berufsausübung müssen Wettbewerbsverbote jedoch angemessen sein, und zwar in zeitlicher, örtlicher und gegenständlicher Hinsicht.
Abzuwägen ist dabei das Interesse der Gesellschaft daran, dass der ehemalige Geschäftsführer die erworbenen Kenntnisse nicht unmittelbar nach Ausscheiden zu ihrem Nachteil ausnutzt, gegen das berechtigte Interesse des Mitarbeiters, seinem Beruf auch weiterhin nachzukommen.

Folgen der Unangemessenheit

Ist das Wettbewerbsverbot in gegenständlicher oder örtlicher Hinsicht unangemessen, so ist es unwirksam und nicht durchsetzbar. Überschreitet es das zeitliche Maß (üblich sind 2 Jahre), so kann das Wettbewerbsverbot durch das Gericht auf ein noch zeitlich angemessenes Maß reduziert werden.
Mit einem in gegenständlicher Hinsicht unangemessenen, nachvertraglichen Wettbewerbsverbot hatte sich auch das Oberlandesgericht Hamm (Urteil vom 08.08.2016 – Az. 8 U 23/16) zu beschäftigen – und hierbei wurde deutlich, wie wichtig eine genaue Formulierung des Wettbewerbsverbotes für dessen Wirksamkeit ist.

Sachverhalt und Urteil

Das dem Urteil zugrundeliegende, nachvertragliche Wettbewerbsverbot lautete wie folgt:
„Dem Geschäftsführer ist es untersagt, für die Dauer von einem Jahr nach Beendigung dieses Vertrages, gleich aus welchem Grund in selbstständiger, unselbstständiger oder sonstiger Weise für ein Unternehmen tätig zu werden, welches mit der Gesellschaft im direkten oder indirektem Wettbewerb steht oder mit einem Wettbewerbsunternehmen verbunden ist. In gleicher Weise ist dem Geschäftsführer untersagt, für die Dauer von einem Jahr nach Beendigung des Vertrages, gleich aus welchem Grund, ein solches Unternehmen zu errichten, zu erwerben oder sich hieran unmittelbar zu beteiligen oder vergleichbare Aktivitäten zu entfalten.“
Das Gericht urteilte, dass das Wettbewerbsverbot in gegenständlicher Hinsicht in drei Punkten unwirksam ist:
    • Zunächst gehe es zu weit, ein Tätigwerden „gleich aus welchem Grund in selbstständiger, unselbstständiger oder sonstigen Weise“ zu untersagen. Denn es bestehe schließlich auch die Möglichkeit, dass ein ausgeschiedener Geschäftsführer bei einem Wettbewerber in einer Weise tätig wird, die gerade keinen Bezug zu dem vorherigen Tätigkeitsbereich der Gesellschaft oder seiner dort relevanten Fachkompetenz aufweise.
    • Auch sei eine Beschränkung unangemessen, die es dem Geschäftsführer untersagt, für ein Unternehmen tätig zu werden, das „mit einem Wettbewerbsunternehmen verbunden ist“. Denn es könne sich dabei ja auch um eines handeln, das selbst gerade nicht im Wettbewerb zu der Gesellschaft steht – wie das beispielsweise in einem Konzern mit vielen verbundenen Unternehmen auf unterschiedlichen Tätigkeitsgebieten durchaus der Fall sein kann.
    • Zuletzt ging es nach Auffassung des Oberlandesgerichts zu weit, dem Geschäftsführer zu untersagen, ein im Wettbewerb zu der Gesellschaft stehendes Unternehmen „zu errichten, zu erwerben oder sich unmittelbar oder mittelbar zu beteiligen“. Denn damit würde selbst eine rein kapitalistische Beteiligung an einem Wettbewerbsunternehmen erfasst, selbst wenn diese dem Geschäftsführer keinen unternehmerischen Einfluss auf das jeweilige Wettbewerbsunternehmen ermöglichte.
Konsequenzen
  • Das Urteil zeigt, dass bei der Formulierung von Wettbewerbsverboten sehr genau auf die jeweilige Formulierung zu achten ist, will die Gesellschaft die Wirksamkeit des Wettbewerbsverbotes nicht gefährden. Denn im Falle der Unwirksamkeit des Wettbewerbsverbotes hat das Unternehmen keine rechtliche Handhabe, dem Geschäftsführer eine Wettbewerbstätigkeit zu untersagen. Regelmäßig kann die Gesellschaft dann jedoch auch die dem Geschäftsführer gezahlte Karenzentschädigung zurückverlangen, da diese dann ohne Rechtsgrund gezahlt wurde.
Benjamin Kastner ist Rechtsanwalt und in Hamburg tätig.
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