Mit der Beginn der Corona-Pandemie sind Millionen Berufstätige ins Homeoffice gewechselt – und oft nicht wieder in ihre Büros zurückgekehrt. Aktuell arbeiten 25 Prozent ausschließlich im Homeoffice (10,5 Millionen Berufstätige). Auf weitere 20 Prozent (8,3 Millionen) trifft das zumindest teilweise zu, sie sind also nur an manchen Tagen im Büro. Fast jeder Zweite (45 Prozent) arbeitet also zumindest teilweise im Homeoffice.
Zu diesem Ergebnis kommt eine repräsentative Befragung von 1.503 Erwerbstätigen in Deutschland ab 16 Jahren im Auftrag des Digitalverbands Bitkom.
Nach Ende der Pandemie werden deutlich mehr Menschen im Homeoffice arbeiten als zuvor, schreibt der Bitkom in einer Pressemitteilung. Der Digitalverband hat berechnet, dass mehr als jeder Dritte (35 Prozent, 14,7 Millionen Berufstätige) seinen Arbeitsort flexibel wählen wird. 3,2 Millionen (acht Prozent) werden ausschließlich im Homeoffice arbeiten, weitere 11,5 Millionen (27 Prozent) teilweise.
Homeoffice war vor Corona eher die Ausnahme. Nur drei Prozent der Berufstätigen (1,4 Millionen) arbeiteten ausschließlich von Zuhause aus, weitere 15 Prozent (6,3 Millionen) teilweise.
55 Prozent halten eigene Tätigkeit für Homeoffice-geeignet
Mehr als die Hälfte (55 Prozent) der Befragten ist der Ansicht, dass ihre Tätigkeit zumindest teilweise für das Homeoffice geeignet ist. 21 Prozent könnte nach eigener Einschätzung sogar vollständig im Homeoffice arbeiten.
Für 43 Prozent kommt Homeoffice bei der eigenen Tätigkeit nicht in Frage. „Die Corona-Pandemie ist der Auslöser eines tiefgreifenden und nachhaltigen Wandels in der Arbeitswelt. Nach dem für die allermeisten erzwungenen Wechsel ins Homeoffice mit dem Lockdown im Frühjahr hat die große Mehrheit in den vergangenen Monaten überwiegend positive Erfahrungen gemacht“, sagt Bitkom-Präsident Achim Berg.
Berg ist davon überzeugt, dass flexibles Arbeiten die Qualität der Arbeitsergebnisse nicht schmälert. Es sei für alle Seiten ein Vorteil, wenn die Mitarbeiter unabhängig von Zeit und Ort arbeiten könnten. Dazu bedürfe es allerdings eines tiefgreifenden Kulturwandels in der Arbeitswelt. „Der Wandel der Arbeitswelt muss nun politisch pro-aktiv flankiert und mit Anreizsystemen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer unterstützt werden“, fordert Berg.
Berufstätige sind im Homeoffice produktiver und zufriedener
Jeder Vierte (23 Prozent) schätzt seine Produktivität im Homeoffice deutlich höher als im Büro ein, jeder Dritte (34 Prozent) etwas höher. Weitere 31 Prozent meinen, dass sie hinsichtlich der Produktivität keinen Unterschied erkennen.
Die Arbeitszufriedenheit ist für 19 Prozent deutlich höher und für 24 Prozent etwas höher. 31 Prozent sehen keine Unterschiede zur Büroarbeit.
Bei der Arbeitszeit sagt gut die Hälfte (55 Prozent), dass sich im Homeoffice nichts geändert hat. 13 Prozent schätzen sie deutlich höher ein, 22 Prozent etwas höher.
„Eine der größten Herausforderungen für die Arbeit im Homeoffice ist die Abgrenzung von Beruflichem und Privatem“, sagt Berg. „Hierbei helfen klare Regeln und Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer.“
Vorteile des Homeoffice: Weniger Stress, mehr Zeit
Unter dem Strich überwiegen für die Mehrheit die Vorteile von Homeoffice:
- 80 Prozent empfinden weniger Stress, da der Arbeitsweg entfällt
- 76 Prozent sehen den damit verbundenen Zeitgewinn positiv
- 59 Prozent bemerken eine generell bessere Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben
- 43 Prozent schätzen die zeitliche Flexibilität
- 32 Prozent sehen die Möglichkeit eines gesundheitsbewussteren Lebensstils etwa in Hinblick auf Sport und Ernährung als großen Vorteil
- 28 Prozent sehen sich weniger durch Kollegen gestört
Allerdings ist der fehlende persönliche Austausch mit anderen Mitarbeitern der am meisten genannte Nachteil von Homeoffice. 55 Prozent beklagt weniger Kontakt mit Kollegen, 20 Prozent hätten gerne mehr Kontakt mit ihren Vorgesetzten
Außerdem fällt es 21 Prozent schwer, ihr Privatleben vom Job abzugrenzen. 21 Prozent beklagen schlechtere Arbeitsbedingungen als im Büro.
17 Prozent glauben, wichtigen Informationen abgeschnitten zu sein. Und vier Prozent haben mit der Arbeit im Homeoffice überhaupt keine positiven Erfahrungen gemacht. Dieser kleinen Gruppe stehen 19 Prozent gegenüber, die nichts Negatives sagen können.
Alle wollen Homeoffice – zumindest ab und zu
Viele Arbeitnehmer dürfen nicht im Homeoffice arbeiten, obwohl ihr Job dafür grundsätzlich geeignet ist. Bei dieser Gruppe ist die Begehrlichkeit groß. Ausnahmslos alle würden zumindest ab und zu von Zuhause aus arbeiten wollen:
- 40 Prozent würden bei Bedarf ins Homeoffice wechseln, beispielsweise wenn Handwerker kommen
- 24 Prozent einen Tag pro Woche
- 17 Prozent mehrere Tage pro Woche
- 10 Prozent möchten nur noch im Homeoffice arbeiten
Niemand beantwortete die Frage „Würden Sie sich wünschen, im Homeoffice arbeiten zu dürfen“ mit nein.
„Arbeitgeber, die Homeoffice kategorisch ausschließen, werden für Mitarbeiter und Bewerber zunehmend unattraktiv“, warnt Berg die Unternehmen. „Auch nach der Pandemie wird es noch Präsenzarbeit geben, aber wann, wo und wie gearbeitet wird, wird deutlich flexibler gehandhabt werden als vor Corona“, ist sich der Bitkom-Chef sicher.
Homeoffice-Verweigerer: Technische Infrastruktur ist Hauptgrund
Wer nicht im Homeoffice arbeitet, obwohl er dies dürfte, nennt dafür als Hauptgrund eine mangelhafte technische Infrastruktur. 26 Prozent beklagen eine langsame bzw. fehleranfällige Internetverbindung. Für 22 Prozent ist die starke Präsenzkultur im eigenen Unternehmen ein Argument gegen Homeoffice. 15 Prozent möchten Berufliches und Privates räumlich strikt trennen können – und machen deshalb kein Homeoffice.
„An der Verfügbarkeit von schnellem Internet sollte es nicht liegen, dass Berufstätige das Büro dem Homeoffice vorziehen. 92 Prozent der Haushalte haben Zugang zu Festnetz-Internet mit 50 Mbit/s und mehr, 99 Prozent sind mit Breitband via LTE versorgt – das reicht für mehrere Videokonferenzen gleichzeitig“, führt Berg aus. „In vielen Unternehmen scheint vielmehr weiterhin eine starke Präsenzkultur vorzuherrschen. Das ist nicht nur anachronistisch, sondern in der aktuellen Pandemiesituation auch unverantwortlich.“
Jeder Vierte erhält Zuhause keinerlei Unterstützung vom Chef
Aus Sicht der Berufstätigen ist die Unterstützung durch den Arbeitgeber beim Homeoffice verbesserungswürdig. Fast jeder Vierte im Homeoffice (23 Prozent) beklagt, keinerlei Unterstützung erhalten zu haben. Nicht einmal ein Smartphone oder ein Notebook wurde ihnen vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellt.
Für den Großteil sieht es allerdings besser aus:
- 61 Prozent erhielten ein Notebook
- 29 Prozent einen Monitor
- 20 Prozent ein Smartphone
32 Prozent der Homeoffice-Arbeiter berichten, dass der Arbeitgeber eine Plattform zum Mitarbeiter-Austausch eingerichtet hat. 27 Prozent werden bei der Selbstorganisation unterstützt, etwa durch Leitfäden. An einer speziellen Weiterbildung konnten 13 Prozent teilnehmen.
Mehrheit ist für eine steuerliche Förderung
Um Homeoffice in Deutschland weiter zu verbreiten, befürwortet die Mehrheit der Berufstätigen, dass dafür steuerliche Anreize gesetzt werden sollten. 59 Prozent sind dafür, dass der Staat das Arbeiten von Zuhause aus steuerlich stärker fördert.
Jeder Zweite (50 Prozent) ist der Ansicht, dass auch diejenigen Steuervorteile genießen sollten, die nur teilweise im Homeoffice arbeiten und kein spezielles Arbeitszimmer zu Hause haben. Und mehr als jeder Dritte (37 Prozent) ist der Ansicht, dass die Entfernungspauschale für Autofahrer oder Fußgänger ebenso bei Homeoffice-Arbeit geltend gemacht werden sollte.
„Wer im Homeoffice arbeitet, wird steuerlich gegenüber Pendlern benachteiligt. Nur die wenigsten können ein Arbeitszimmer absetzen. Der Staat sollte fiskalische Instrumente bestmöglich einsetzen, um gesellschaftlich erwünschtes Verhalten anzuregen, also Verkehr zu reduzieren, verkehrsbedingte Emissionen zurückzufahren und – in Zeiten der Pandemie – soziale Kontakte zu vermeiden“, schließt Berg. (wag)
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