Mitte Juni 2022 veröffentlichte der Verband der Automobilindustrie VDA ein Update seines E-Ladenetz-Rankings. Es zeigt: Deutschland hat weiterhin und zunehmend großen Nachholbedarf beim Ausbau der öffentlich zugänglichen Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge. Die Lücke zwischen Ladeinfrastruktur und E-Auto-Bestand ist weiter gewachsen.
In Deutschland gibt es 60.364 öffentlich zugängliche Ladepunkte (Quelle: Bundesnetzagentur, Stand: 1. Mai 2022). Während in den vergangenen zwölf Monaten im Schnitt rund 57.000 Elektro-Pkw (E-Pkw) pro Monat in Deutschland neu zugelassen wurden, wuchs die Anzahl der öffentlich zugänglichen Ladepunkte wöchentlich nur um etwa 330.
Damit kommen aktuell in Deutschland im Durchschnitt rund 22 E-Pkw auf einen öffentlich zugänglichen Ladepunkt. Beim letzten VDA-Ladenetzranking, Stand 1. Oktober 2021, waren es 21 E-Pkw und am 1. Mai 2021 waren es 17 E-Pkw – das Delta zwischen Angebot und Bedarf ist damit wachsend.
VDA: Die Ausbaugeschwindigkeit müsste versechsfacht werden
Um das Ziel von einer Million Ladepunkten im Jahr 2030, das auch die Bundesregierung in ihrem Koalitionsvertrag ausdrücklich festgehalten hat, zu erreichen, wären jedoch rund 2.000 neue Ladepunkte pro Woche nötig. Die Ausbaugeschwindigkeit müsste also versechsfacht werden. Wird das aktuelle Ausbautempo nicht gesteigert, gibt es in Deutschland im Jahr 2030 gerade einmal rund 210.000 Ladepunkte – also lediglich ein Fünftel der angestrebten eine Million.
In mehr als der Hälfte aller 10.796 Gemeinden in Deutschland gibt es, Stand 1. Mai 2022, zudem keinen einzigen öffentlichen Ladepunkt.
„Wir brauchen ein konsequentes Monitoring des Ziels von 1 Million Ladepunkten durch die Bundesregierung.“
– Hildegard Müller, Verband der Automobilindustrie
Hildegard Müller, Präsidentin des Verbandes der Automobilindustrie: „Das Ziel der Bundesregierung von 15 Millionen Elektrofahrzeugen bis 2030 hat die Notwendigkeit eines ambitionierten Ausbaus der Ladeinfrastruktur weiter erhöht. Trotzdem geht der Ausbau viel zu langsam voran. Auch der für die Elektromobilität notwendige Ausbau der Stromnetze muss besser koordiniert werden. Wir brauchen deutlich mehr Tempo, wenn wir die Ziele erreichen wollen.“
Sie fordert: „Statt ihm hinterherzuhinken, muss der Ausbau dem Bedarf um zwei Jahre vorausgehen. Nur so kann das dringend benötigte Vertrauen der Verbraucherinnen und Verbraucher in eine verlässliche und ausreichende Ladeinfrastruktur geschaffen werden. Und wir brauchen ein konsequentes Monitoring des Ziels von 1 Million Ladepunkten durch die Bundesregierung, denn nur dann kann im Bedarfsfall rechtzeitig nachgesteuert werden.“
„Die Kommunen müssen ihre Verantwortung für den Ausbau der Ladeinfrastruktur stärker als bisher wahrnehmen.“
– Hildegard Müller, Verband der Automobilindustrie
Um die Ausbaugeschwindigkeit zu erhöhen, seien vor allem schnellere Planungs- und Genehmigungsprozesse nötig, so die VDA-Präsidentin. „Wir brauchen beim Ausbau der Ladeinfrastruktur für E-Fahrzeuge eine Planungsbeschleunigung, die Automobilindustrie hat hierzu konkrete Vorschläge vorgelegt.“
Zudem müssten die Kommunen ihre Verantwortung für den Ausbau der Ladeinfrastruktur stärker als bisher wahrnehmen. Müller: „Die Kommunen kennen den konkreten Bedarf vor Ort am besten. Die Bürgermeister und Landräte müssen Ziele für den Aufbau definieren und die Umsetzung vorantreiben.“ (eve)
Die Ergebnisse des VDA-E-Ladenetz-Rankings
Das VDA-E-Ladenetz-Ranking ist eine statistische Auswertung, die auf den amtlichen Daten des Kraftfahrt-Bundesamtes und der Bundesnetzagentur beruht. Was hier gemeldet ist, findet Eingang in die Auswertung, die in drei Bereiche unterteilt ist:
Das VDA-Ladenetz-Ranking basiert auf Daten der Bundesnetzagentur (BNetzA) zur Anzahl der Ladepunkte in deutschen Landkreisen und Städten mit dem Stichtag 1. April 2022 und des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) zum Pkw- und E-Pkw-Bestand, ebenfalls zum Stichtag 1. April 2022. Neuere Daten zum Pkw-Bestand liegen nicht vor.